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21. Oktober 2009

Gründe zur Hoffnung

Für diesen Post möchte ich euch eine Geschichte erzählen, die mir mit einem flüchtigen Bekannten passiert ist. Wir sind nicht besonders eng miteinander, sondern tauschen meistens nur Small Talk aus. Er war mir nie unsympathisch, aber ich war immer skeptisch gegenüber seinen manchmal recht groben Scherzen, seiner betont lässigen und über-selbstsicheren Art, die mich manchmal ganz schön nervte. Kurz: Ich dachte mir, wir wären einfach zu verschieden und hätten recht wenig gemeinsam.

In einer ruhigen Minute kamen wir trotzdem ins Reden, dass wir beide gerne einen Hund haben würden, und da meinte er "Ja, aber nur aus dem Tierheim, weil die sind so arm dort." Während ich mich noch über diese positive Antwort freute, erzählte er schon weiter, dass er gerade aufhören würde, Fleisch zu essen, und er hätte eine neue Liebe zu Soja-Geschnetzeltem entdeckt. Seine Schwester wäre Tierärztin, die auch regelmäßig in Schlachthöfen gearbeitet hätte, und die Schilderungen ihrer Eindrücke waren für ihn so eindringlich, dass er nun Tiere mit einem ganz anderen Blick sah. "Weißt du", sagte er, "meine Schwester meinte, dass der Ausdruck in ihren Augen das Schlimmste war - sie wissen genau, dass sie sterben werden. Meiner Meinung nach muss jeder Mensch, der eine gewisse Bewusstseinstufe erreicht hat, aufhören, Fleisch zu essen, das ist der einzig logische Schritt. "

Ich war wirklich erstaunt, wie artikuliert er seine Gedanken zu diesem Thema wiedergab, etwas, was ich nicht wirklich von ihm gewohnt war, und überhaupt war ich überrascht, dass ich gerade in ihm jemanden traf, der meine Überzeugungen teilte!
Was lernte ich daraus? Erstens, dass ich ihm gegenüber Vorurteile habe, und in eine Schublade stecken wollte. Lektion gelernt.
Zweitens, dass die Wahrheit über unseren Fleischkonsum, und die Lebewesen, die wir essen, durchsickert, langsam, aber sicher, und sicherlich unaufhaltsam. Mein Bekannter hat sich lange gegen diese Wahrheit gewehrt (laut eigener Aussage), aber die Erzählungen seiner Schwester haben ihn schließlich doch erreicht, und den Wandel eingeleitet.

In dieser unveganen Welt verzweifelt man leicht angesichts all der Ignoranz, die einen umgibt, man wird wütend, weil man keine Veränderung sieht, und ungeduldig, weil alles so langsam passiert. Man wird zornig, oder resigniert. Aber man kann auch genauer hinschauen, und Hoffnung finden in den kleinen Veränderungen, die stetig stattfinden. Ich finde Kraft in Gesprächen wie dem mit meinem Bekannten, in neuen veganen Produkten, die mittlerweile alltäglich in Supermärkten geworden sind und früher undenkbar gewesen wären, in neuen Essgewohnheiten meiner Großmutter, die auf einmal so viel Gemüse isst, plötzlich Margerine benutzt und viel weniger Fleisch kocht, in meinem Freund, der jeden Tag mehr zum Vegetarier wird, in meinen Eltern, die daheim fast nur mehr vegan kochen, und in all den Leuten, die jeden Tag mitfühlende, bewusste Entscheidungen treffen! Ich glaube fest, dass eine Änderung stattfindet (und dass wir Vegetarier und Veganer dazu beitragen!), und dass die Menschheit in der Zukunft einmal auf unser heutiges Verhalten gegenüber Tieren zurückschauen und sich fragen wird: "Was haben wir uns nur dabei gedacht?"



Never doubt that a small group of committed people can change the world. Indeed, it's the only thing that ever has.
Margaret Mead

5 Kommentare:

  1. Claudia, ich finde das eine total schöne Erfahrung. Echt jetzt. Und ich neige arg dazu, Menschen in Schubladen zu stecken und finde es anders herum total blöd und begegne so gerne Menschen, die schubladenarm denken.

    Ich glaube ganz fest daran - woher auch immer die Intention einer tierfreien Ernährung kommt - man hinterlässt immer Spuren und ich merke sie in der kurzen Zeit schon mehr und mehr in meinem nahen Umfeld.

    Und da gibt es meinen Kollegen - er ist mir wirklich mein liebster. Ein Herz von einem Menschen. NUR... seine Ernährung. Fleisch, Fleisch, Fleisch - und da kommt dieser Kerl heute zu mir und erzählt mir fast mit Tränen in den Augen, dass sie sich heute den zweiten Hund zulegen... Tierheim, ganz süß der Kleine... und er war so angetan. Warte nur, den krieg ich noch. ;-))

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  2. Ach, hast du das schön geschrieben. Danke :)

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  3. Ja wirklich, das ist so schön geschrieben und so wunderbar optimistisch! Ganz toll!! Ich muss zwar ehrlich sagen, dass ich einfach zu viele Menschen kenne die zwar super nett und einfühlsam sind, ihre Haustiere lieber aber dennoch überzeugte Fleischfresser sind, dass ich das leider nicht so ganz teilen kann. Wünschen würd ich es mir auch, aber dran glauben tue ich nicht mehr wirklich. Dumm eigentlich.

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  4. sowas ist echt toll und gibts leider viel zu selten. meistens herrscht immer noch doppelmoral; alles was knopfaugen hat und flauschig ist, wird gehätschelt und lieb gehabt; aber "Schweine sind zum Essen da".

    ich versteh gar nicht, wie man ein Tier, anders als aus dem Tierheim bzw. als Notfall holen kann - für mich war es auch eine selbstverständlichkeit, meine katzen aus dem käfig zu "retten" und ich bin immer fassungslos, dass es immer noch sogenannte "Züchter" gibt, die sich auch noch als Tierfreunde verstehen.

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  5. C, dein Blog gefällt mit wirklich gut! Das Erlebnis mit deinem Kollegen freut mich sehr für dich. Ich habe auch schon einige dieser Erfahrungen gemacht. Es ist eine fortwährende Übung, Menschen nicht in Schubladen zu stecken, und selbst, wenn sie an einem anderen Ort sind (im übertragenen Sinne) als man selbst, sie in ihrer Andersartigkeit anzunehmen und zu respektieren.

    Lieben Gruß, Emme

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