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14. April 2012

Meine vegane Seifenblase

Vielleicht kennt ihr dieses Gefühl - ihr lebt euer Leben einfach vor euch hin, seid zufrieden und glücklich und eigentlich könnte es immer so dahinplätschern. Ihr nehmt vielleicht sogar an, dass alle anderen Menschen ein ähnliches Leben führen: Den Kühlschrank voll mit Sojamilch und frischem Spinat, jeden Abend am Tisch ein veganes Essen und stets informiert über die neuesten veganen Kochbücher. Und natürlich weiß jeder, wer Björn Moschinski ist - please, muss ich das jemanden erklären? 
Aber ich lebe in einer veganen Seifenblase. Mein Lebensstil ist sicher (noch) besonders, und es gibt genügend andere Menschen, die offensichtlich durch den Tag kommen, ohne jemals Soja-Schoko-Pudding probiert zu haben. Dann wird mir vor allem eines bewusst: Eine Gewohnheit ist eine Gewohnheit ist eine Gewohnheit. Früher wäre ich für nichts von der Couch aufgestanden, was nicht mit Schinken belegt gewesen wäre, und Sojamilch war die Ausgeburt allen Übels. Heute ist mein Lebensstil für mich so normal geworden, dass ich jedes Mal aus allen Wolken falle, wenn andere Menschen nicht genau wissen, was Tofu ist. Ja, das ist ein wenig arrogant, ein wenig naiv, aber vor allem eines: Ziemlich menschlich. Denn wenn ich meine Gewohnheiten dermaßen ändern kann, dass es mir sprichwörtlich in Fleisch und Blut übergeht, dann gibt es auch Hoffnung für alle anderen - ein veganes Leben kann dermaßen normal werden, dass man es sich anders überhaupt nicht vorstellen kann.

Gelegentlich verlasse ich meine vegane Seifenblase, besonders an Feiertagen und zu Familienfesten. So geschehen am Osterwochenende. Meine Eltern haben mich exzellent bekocht. Ich habe M's Familie besucht und wir waren gemeinsam essen - beim Italiener, immer eine gute Wahl für uns Pflanzenesser. Ich habe ein Osterkörbchen bekommen, mit veganen Süßigkeiten natürlich. 
Wenn ich mein Umfeld betrachte, stelle ich fest, dass sich meine Blase ausweitet: Meine Eltern leben daheim großteils vegan. Eine Freundin bäckt veganen Kuchen. M's Mutter verbannt Kuhmilch aus dem Kühlschrank, weil es ihr mit Sojaprodukten besser geht (M's Bruder isst dafür alle Sojapuddings selbst auf). Heimlich sage ich: Willkommen in meiner veganen Seifenblase - macht es euch doch gemütlich.

 Ostersonntagsessen: Gebackene Aubergine, Kartoffelpürree, Kohlsprossen. Ein klassisches vegetarisches Essen heimlich veganisiert. Auch Oma hat es geschmeckt.

 Veganes Eis mit Schokosauce und Früchten

Vegane Option in einer Pizzeria: Eine exzellente vegane Pizza mit viel Gemüse und der enormste Beilagen-Salat, den ich je gesehen habe.

15 Kommentare:

  1. Meine vegane Seifenblase wird auch immer größer. Trotzdem muss ich ständig aufpassen, dass ich nicht anecke und die nicht platzt. Die ist doch sehr empfindlich und ständig Angriffen von außen ausgesetzt :-)

    Gab's die Pizza wirklich als "Vegan" oder hast du nur den Käse abbestellt? Ich habe mal in einem italienischen Eiskaffee nach Soja-Eis gefragt .... also wenn Blicke töten könnten, wäre ich dort an Ort und Stelle gestorben ...

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  2. Wow, toll, dass Dich beide Seiten Deiner Familie so unterstützen! Da hast Du wirklich Glück :)

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  3. Meine vegane Seifenblase erstreckt sich immer noch auf mich, was meine Familie, Freunde und Bekannte angeht.

    Du hast so ein Glück, dass deine Familie anscheinend offen für Neues und für Veränderungen ist. Meine ist es leider nicht, obwohl für mich am Wochenende, wenn ich zu Besuch komme, zumindest die Beilagen vegan sind d.h. das Gemüse mal ohne Buttermehlschwitze auskommt und das Kartoffelpüree ohne Milch und Butter. ;-P

    Ich bleibe immer noch unverstanden, obwohl mein Umfeld es mittlerweile toleriert hat. Ich freue mich über jeden Funkten ehrliches Interesse z.B. dass ich mit meiner Freundin 1x in der Woche zusammen vegan koche und sie neugierig ist, auf die vielen ihr unbekannten Zutaten. Und das ist doch schon was. ;-)

    Allerdings glaube ich nicht, dass es in den nächsten Jahren zu Sinneswandeln kommt. Hätte ich die Internetcommunity nicht, den Austausch mit Gleichgesinnten, ich weiß nicht, ob ich heute über ein Jahr vegan wäre. Wenn man gerade in der Anfangszeit keine Unterstützung und Akzeptanz bekommt, ist es schwer nicht aufzugeben.

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  4. Sehr schön beschrieben! Dass nicht jeder Chiasamen kennt - daran habe ich mich schon gewöhnt. Aber dass man mich ungläubig anschaut wenn ich erzählte, dass ich gerne Chai Tea Latte trinke und dafür Hafermilch verwende, dass ist manchmal noch befremdlich. Vegane Seifenblase - tolles Wort, muss ich mir merken!

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  5. @Homeveganer: Die Pizzeria macht ihren Teig klassisch italienisch, also vegan. Ich habe einfach ohne Käse bestellt, aber ein junger Mann neben mir hat später eine "vegane Pizza" bestellt, und das wurde auch verstanden - ohne böse Blicke!

    @Mihl: Ja, das ist wirklich wahr!

    @Saskia: Wie Mihl schon angemerkt hat, ich habe wirklich Glück. Allerdings hat sich das auch erst über Jahre so entwickelt, darum kann ich dir nur einen Rat geben: Geduldig sein und weitermachen! Ich fokussiere gerne auf das Positive und dann sehe ich auch die Veränderung um mich herum. Und eine wöchentliche Koch-Session mit einer lieben Freundin ist ja wirklich mal ein guter Anfang!

    @Katrin: Das kann ich mir gut vorstellen! In meinem Büro habe ich eine Tee-Kultur erst mal einführen müssen ;-)

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  6. jeder schafft sich seine seifenblase; z.B. habe ich fast nur Akademiker in meinem Freundes/Familienkreis. auffallend viele Veganer/Vegetarier, größtenteils atheistisch, einigermaßen gesunder Lebensstil, keine Kriminalität usw.
    das ist doch nicht die Realität, die Leute auf der Straße sehen ganz anders aus.

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  7. @Mausflaus: Du hast recht, wir leben alle in unserer eigenen Seifenblase. Gelegentlich ist es sicher auch mal ganz gut, dass man sie ein wenig aufpiekst, damit man in ihr nicht davon schwebt.

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  8. Meine vegane Blase weitet sich auch immer ein klein wenig weiter. Meine Schwester und eine Freundin sind mittlerweile Vegetarierinnen mit Tendenz zu veganen Alternativen. Meine WG isst, weil wir immer zusammen kochen auch oft vegan mit und erweitert es nur ab und zu mit Käse. ;) Leider ist es dann doch nicht immer so leicht: meine Eltern schaffen es konsequent das Thema zu umschiffen und kaufen den billigsten Tierkram aus dem Supermarkt weiterhin. :( Das stört mich nicht nur aus den offensichtlichen Gründen, sondern auch weil ich immer mehr über Ernährung und Gesundheit gelernt habe und nun förmlich sehe, wie sie sich krank essen. Ich frage mich immer: wie lange soll ich dabei noch zusehen und kann ich bei ihnen überhaupt was ändern?

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  9. Wir haben tatsächlich zu Ostern dein "Falsches Lamm" gegessen, allerdings vom Gemüse an das angepasst was es bei mir so gibt. Ich muss allerdings sagen, mir war es tatsächlich zu fleischig. Besonders am nächsten Tag bei den Resten, da musste ich die Sojaschnitzel rausfischen. Das Ergebnis kannst du auf einem Foto in meinem Blog sehen: http://leniweitweg.wordpress.com/2012/04/15/besuch-aus-der-heimat/

    LG Leni

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  10. Ja in so einer Blase kann es auch elfenbeinturmmässig einsam werden. Schon als wir Vegetarier wurden beschränkte sich die Freunde auf weniger Leute, die entweder auch Vegetarier waren oder sich wenigstens damit begnügen konnten, bei uns kein Fleisch zu bekommen. Der Veganismus scheint sich jetzt schwieriger zu gestalten. Den "konventionell" essenden Freunden und Bekannten traue ich mich kaum zu offenbaren aus Angst vor Angriffen oder Ausschluss aus der Gemeinschaft, die vegetarischen Freunde wissen und akzeptieren es, scheinen sich aber auch nicht weiter damit auseinandersetzen zu wollen ;). Mit der Familie hast du auch echt Glück gehabt. Die eine Seite behandelt uns ein wenig als seien wir "krank" im Sinne von "das *dürft* ihr nicht essen und das nicht, was können wir euch denn da überhaupt anbieten". Da kommt man sich schon ein wenig als Belastung vor, ohne dass man es will. Sie meinen es ja aber auch nur gut. Die andere Seite ist höchs skeptisch und befürchtet, dass wir bald stark an Nährstoffmangel leiden würden. Ich denke, da wir noch ziemlich am Anfang sind (3 Monate) werden wir noch einen 'zähen' Weg vor uns haben. Mich würde noch mehr interessieren, wie das bei euch so war. Wie lange lebt ihr schon vegan und wie habt ihr es Freunden beigebracht mit denen ihr früher ganz "normal" gegessen habt? Danke für deine Antwort

    LG

    Nini

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  11. @Anne: Eltern können wirklich das schwierigste Kapitel sein. Mein Vater war am Anfang mehr als skeptisch. Ich habe ihm dann ein Buch zu lesen gegeben, "Food Revolution", von John Robbins, und da hat er mich dann mehr verstanden. Aber es gibt leider gar keine Garantie, dass sich andere Leute ändern, egal wieviel man ihnen erzählt - oft erreicht man damit auch den gegenteiligen Effekt. Manchmal hilft es, wenn Eltern die Infos von jemandem anderen hören als vom eigenen Kind.

    @Leni: Zu fleischig? LOL. Ich stehe halt auf das "Fleischige" ;-) Hoffentlich hat es dir trotzdem geschmeckt!

    @Nini: Ich lebe seit über drei Jahren vegan, und ich kann dir sagen, dass hat bei mir sicher länger als drei Monate gedauert, bis alle meinen Veganismus akzeptiert haben! Ja, am Anfang ist es etwas zäh und mühsam, alles jedem immer wieder erklären zu müssen, aber meine Erfahrung ist einfach, dass es besser wird, je länger man vegan lebt. Vielleicht wäre dieser Artikel hier etwas für dich: http://totallyveg.blogspot.com/2012/01/ab-jetzt-vegan-der-soziale-aspekt-des.html

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  12. Echt schön geschrieben :) Musste etwas grinsen, weil ich genau weiß, was du dort beschreibst. Ich bin manchmal selber erschrocken, wie schnell der Veganismus bei mir in den Alltag übergegangen ist (also ich lebe erst seit vier Monaten komplett vegan). Es ist so schön, wenn man selber merkt, wie sich das Umfeld langsam auch umstellt und hier und da Kleinigkeiten ändert. Es zeigt mir immer wieder, dass jeder was erreichen kann, man muss nur anfangen :)

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  13. Schöner Artikel! Ich glaube, der Aspekt des positiven Denkens ist mit der wichtigste. Wenn man als gut gelaunt und positiv ist, ist alles einfacher.
    Ich habe mich im November 2011 dazu entschieden, vegan zu leben und so langsam wächst die Akzeptanz auch. Am Sonntag wird mein Cousin konfirmiert und meine Tante macht extra vegane Lasagne und isst bei mir mit, weil sie neugierig ist. So süß! Der Koch in dem Café, in dem ich arbeite, kocht mir veganes Essen, macht ab und zu mal Veggieburger und Falafel etc. Es ist so schön, wenn die Leute aufgeschlossen darauf eingehen! Wirklich negative Erfahrungen hatte ich Gott sei Dank noch nie - außer ein paar Sticheleien meines Bruders oder so, aber das nehme ich mittlerweile nicht mehr wirklich ernst :)

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  14. Liebe C,

    ja, auch ich kenne die vegane Seifenblase nur zu gut :-)
    Aber Seifenblasen sind ja zum Glück nicht nur fragil, sondern super schön und zart und schillernd und...

    Kurz: ich liebe diese Seifenblase! Was das angeht, kann ich mich aber auch rein gar nicht beschweren: verheiratet mit einem Veganer, Eltern/Freunde fast alle omnivor, aber ich bin in jeglicher Hinsicht akzeptiert und erfahre viel Unterstützung (Eltern kaufen veganes Zeug ein, kochen und backen vegan, Feierlichkeiten/Parties werden auf mich/uns abgestimmt - ich bekomme immer überall etwas Veganes). Rechtfertigen muss ich mich auch nicht mehr und das i-Tüpfelchen meiner veganen Seifenblase ist, dass ich seit einiger Zeit sogar in einem veganen Umfeld arbeite! Großartig:-)

    ABER: es hat lange lange lange laaaaaaange gedauert bis zu diesem fast paradiesisch anmutenden Zustand kam. Ich lebe seit 16 Jahren vegan und die ersten 10 Jahre mindestens waren ein permanenter Kampf mit unendlich viel Frust und Unverständnis. Man darf sich einfach nicht unterkriegen lassen.

    Außerdem glaube ich nicht, dass man die Sicht auf die Realität verliert, auch wenn man eine "Blase" hat - ganz im Gegenteil! Manchmal wird mir gerade durch meine vegane Enklarve bewusst, wie grausam die Realität ist und wieviel noch zu tun ist. Ich sehe mein Zuhause daher zB eher als eine Möglichkeit der ethischen Erholung, um mich zu wappnen für meinen Alltag, in dem mir trotzdem natürlich ständig fieses Zeug und Idioten über den Weg laufen...

    Also, ich bin sehr gerne in meiner veganen Welt und veganisiere weiter sukzessive mein Umfeld, harharharharrr...(soll ein diabolisches Lachen sein ;-))

    Viele Grüße nach Wien!

    Heldin*

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  15. Da hast du aber wirklich viel Glück mit deiner Familie. Umso wohler fühlt man sich in seiner Seifenblase, wie ich finde. :)

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Ich freue mich immer sehr, von Euch zu hören! Vorschläge, Ideen, Lob, eine andere Meinung (respektvoll, please) - immer her damit!