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4. August 2013

Ich bin keine Märtyrerin - warum ich keine Bewunderung fürs Vegansein will

Als Veganerin trifft man auf die verschiedensten Reaktionen in seinem Umfeld. Die allermeisten Menschen sind überrascht und interessiert, manche zurückhaltend, in den seltensten Fällen etwas argwöhnisch. In letzter Zeit bin ich aber vermehrt auf eine andere Reaktion gestoßen: Unverhohlene Bewunderung. Bewunderung, die nicht sagen will "Wow, finde ich cool!", sondern Bewunderung wie "Oh mein Gott, du bist meine absolute Heldin - wie kann man auch nur so leben!" Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich mittlerweile ein paar vegane Jährchen am Buckel habe. Vielleicht auch damit, dass ich bei fremden Menschen gerade anfangs mir angebotene Speisen freundlich ablehne, weil sie nicht vegan sind. So oder so, ich habe diese Art der Bewunderung nun schon ein paar Mal erlebt, und ich kann mit ihr schlecht umgehen - ich will sie einfach nicht haben. Warum sollte ich so bewundert werden, nur weil ich vegan lebe?

 Auf Tuchfühlung mit einer freundlichen Ziege, die auf Gut Aiderbichl lebt

Ich habe mich für Veganismus entschieden, weil ich nicht länger wollte, das Tiere für mein Essen gequält und getötet werden. Zugegeben, das vegane Leben ist nicht immer ganz einfach. Manchmal hat man im Restaurant nur eine sehr bescheidene Auswahl, man muss den lecker aussehenden Geburtstagskuchen im Büro ablehnen, Onkel Edi's Witze über Sojamilch kriegen langsam einen Bart, und dann steht man wieder im Mittelpunkt des Interesses, obwohl man nur in Ruhe sein Mittagessen auspacken möchte. Ja, es ist gelegentlich umständlich und nicht besonders angenehm, aber bin ich deswegen eine kulinarische Jeanne D'Arc? Immerhin sind viele Dinge des Lebens mühsam: Zähneputzen. Am Montag Morgen ins Büro gehen. Höflich sein, obwohl man furchtbar schlecht gelaunt sind. Ein Stück vom Kuchen für jemanden überlassen, obwohl man es lieber selber essen möchte. Ja, das Leben ist manchmal mühsam und unbequem, aber man meistert diese Dinge trotzdem. Warum? Weil sich das einfach so gehört. Und genauso geht es mir in meinem veganen Leben: Sicherlich gibt es manchmal Seiten, die etwas anstrengend sind. Aber das ist eben so, und nur, weil ich trotzdem weitermache, habe ich mir noch lange keinen Orden verdient, genausowenig, wie ich eine Auszeichnung verlange, wenn ich jeden Tag pünktlich und nicht in meinem Pyjama im Büro auftauche.

Veganes Essen ist langweilig? Wohl eher nicht!

Überschwengliche Bewunderung ist in meinen Augen das ultimative Totschlag-Argument für jede Diskussion. Wenn andere Leute meinen, sie bewundern mich für mein hartes und überaus anstrengendes Leben als Veganerin, dann schaffen sie eine Distanz zwischen ihnen und mir: Ich bin perfekt und willensstark, sie sind schwach und menschlich. Das ist natürlich Blödsinn. Wenn Veganismus eine derartige Qual, eine solche Anstrengung wäre, dann hätte ich das vermutlich schon längst wieder aufgegeben - ja, so willensstark bin ich. Indem sie mich aber auf den Sockel heben, nehmen sie die kommunikative Hintertür. Immerhin kann man nun nicht mehr von ihnen verlangen, sich ihrer eigenen Essgewohnheiten bewusst zu werden, denn ein derartiges Opfer ist unmöglich zu erbringen. Dabei möchte ich doch nur eines sagen: Als vegan lebender Mensch bekommt man so viel mehr, als man aufgibt.

 Veganes Grillfest!

Ich lebe gerne vegan. Ich habe gelernt, zu kochen und zu backen und esse die köstlichsten Speisen - ich sehe keinen Verzicht, ich sehe eine Vielfalt an köstlichen Dingen, die meine Skinny Jeans ängstlich wimmern lassen. Ich manifestiere meine tiefsten Überzeugungen jeden Tag in meinem Verhalten. Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, die meine schon immer Werte teilten, und beobachtet, wie andere Menschen ihr Herz öffnen und sich verändern. Veganismus gibt meinem Leben einen Rahmen - mir ist nun klar, wie ich mit der Welt und ihren Geschöpfen umgehen möchte. Veganismus ist kein Opfer, er ist ein Geschenk. Und ich bin keine Märtyerin, sondern ein Glückspilz.

28 Kommentare:

  1. Was für ein toller Artikel! Genau das habe ich mir so oft auch gedacht, konnte es aber nie so richtig greifen. Du hast das wirklich super in Worte gefasst!

    Eine andere Art der Abgrenzung erlebe ich auch immer wieder: Die Verniedlichung. Als würde ich das alles nur machen, weil ich so auf kleine Kätzchen, Kälbchen und Hasenbabies stehe. Als hätte das alles nur mit überzogener Tierliebe und nicht mit Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung zu tun.

    Danke für diesen tollen Beitrag - du sprichst mir aus der Seele!

    Viele liebe Grüße
    Katja

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  2. Toller Eintrag!
    Bisher habe ich selbst noch nicht wirklich erlebt, was du beschreibst. Momentan stoße ich vielmehr auf negative Reaktionen von Bekannten und Freunden, bis auf einige Ausnahmen. Das stört mich jedoch wenig - ich lebe wie du auch gerne vegan und sehe dies nicht als Verzicht oder irgendeine "Diät" oder Ähnliches!

    Mach weiter so mit deinem Blog!
    Liebe Grüße
    Melanie

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  3. super artikel, bin ganz deiner meinung. finde es ist das normalste und logischste auf der welt, vegan zu leben.

    zu dem bewunderungsthema seh ich aber auch noch einen anderen aspekt:
    wenn viele das sooo bewundernswert und offenbar als das moralisch richtige empfinden, fehlt mir einfach jegliches verständnis, warum sie sich dann nicht selbst in diese richtung entwickeln...

    statt jeder bewunderung wär es mir also auf jeden fall lieber, dass die leute ihr eigenes verhalten hinterfragen würden :-(

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  4. also etwas bewunderung für die tollen sachen die du kochst und präsentierst hast du aber schon verdient ;)

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  5. bin voll bei dir. fürs essverhalten oder im weiteren sinne die dahinter stehende lebenseinstellung, bewunderung zu bekommen, halte ich auch für fragwürdig - würde von mir auch kein veganer bekommen :p
    wie kann ich schon allein etwas bewundern, dass ich nicht kenne oder gerade bewunderung weil ich es nicht kenne - ja ne bliblablub, je länger ich drüber nachdenke, desto absurder finde ich bewunderung, aber auch denkbares in die andere richtung.. wir leben ja in freiheit und übermaß, von daher..

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  6. Das hast du super geschrieben und formuliert, kann ich absolut unterschreiben und ganz besonders gefällt mir dein letzter Satz!!

    Grüßle, Jessi

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  7. WAS Du lebst vegan ??
    Das wäre nichts für mich, also ICH könnte das nicht ...

    Bei diesem Spruch weiß ich wirklich nie, was ich antworten soll, so dumm klingt der für mich. Und den höre ich leider sehr oft.

    LG Martina

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  8. Wunderbar geschrieben, danke für den tollen Artikel!

    Bei den Bildern bekommt man ja Hunger (und Sehnsucht nach Gut Aiderbichl - dort war ich dieses Jahr das erste Mal)! :-)

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  9. Super Artikel! Ich bin ja "nur" Vegetarierin, die sich aber oft vegan ernährt. Zudem achte ich auf tierversuchsfreie Produkte und verwende fast nur Naturkosmetik. Das reicht schon aus, um Kommentare wie "Das könnte ich nicht, wie machst du das nur??" zu erhalten...
    Finde ich wirklich schade. Und hey, an deinen Bildern sieht man doch, dass veggie & vegan sehr lecker und toll sowie abwechslungsreich sein kann!

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  10. Danke für diesen wunderbaren Beitrag! Ja, Veganismus ist ein Geschenk - genauso empfinde ich das von der ersten Minute an. Liebe Grüße, Brigitte

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  11. Das kenne ich sehr gut. Was soll man schon gegen argumentieren wenn jemand sagt "du bist halt einfach besser als ich, ich kann das nicht" und das nicht zynisch meint?

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  12. Sind schon seltsam, diese Bewunderer. Aber solche Leute habe ich noch nie verstanden.
    Aber du kannst schon stolz sein auf dich. Ich habe dich auf der Veggie Planet in Salzburg gesehen. Das braucht schon Mut sich vor all den Leuten hinzustellen und etwas zu zaubern. Und das hast du wirklich gut gemacht.

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    1. Liebe Sanne, vielen Dank für deine netten Worte.

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  13. Du sprichst mir aus der großen Zehe! :)

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  14. Man bekommt mehr als man aufgibt trifft es genau! Jedes Mal, wenn ich au Bewunderung stoße, denke ich das diejenigen, die das sagen, wirklich nicht viel über Veganismus wissen und denken, wir müssen den ganzen Tag nackten Tofu essen. Dann finde ich es so schade, dass die Leute immer noch so wenig wisse, wo es doch mittlerweile in vielen Städten sogar vegane Cafes gibt. Also weiter Kuchen backen!

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  15. Direkt mal auf Twitter verstreut. :)
    Danke für den treffenden Artikel.

    Liebe Grüße,
    Erbse

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  16. Ein wirklich toll geschriebener Post, der mir aus der Seele spricht. Ich bin fühle mich ja eher oft schräg angeguckt, nach dem Motto, "was ist denn das für eine Modeerscheinung", gefolgt von" Das könnte ich nicht", was für mich bedeutet "das WILL ich nicht",- denn können kann man viel, aber man muss den Willen und das Bewustsein haben. Und ich möchte mich auch nicht dauernd rechtfertigen, so wie ich auch keine Erklärung von meinen Mitmenschen erwarte. Jeder muss das tun, was er für richtig hält, wobei ich natürlich schon hoffe, das unser (veganes) Beispiel Schule macht ; )
    Liebe Grüße Billa

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  17. schöner Artikel ....besonders der letzte Absatz......leider bekomme ich oft Kritik und Spott zu hören (vor allem von meiner Familie) ....Bewunderung wäre mir da lieber.
    Aber die haben eben echt keine Ahnung was ich eigentlich den ganzen Tag so esse.........leider wird aber Essen mir Familienidentität verbunden (Palatschinken wie bei Oma, Sonntagsschnitzel etc....)....wenn man da plötzlich nichtmehr mitmacht wirds schwierig und man erntet Kritik....
    ich weiss nur daß meine Mutter mir gesagt hat ich würde mich den ganzen Tag selbst foltern mit meiner Ernährung. Seitdem sagen manche meiner Freunde : Folter mich! was soviel heißt wie : bring mir doch deinen Veganen Pudding oder dein Veganes Curry....

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  18. Ich verstehe nicht was an dem Artikel so treffend sein soll. Ist ja schon sehr nobel, dass Veganer keine Bewunderung wollen.

    ICH BEWUNDERE NÄMLICH EH KEINEN VEGANER!
    Und ich bin deshalb selber kein Veganer, nicht weil ich es nicht KÖNNTE sondern weil ich es nicht WILL!

    Ich persönlich halte alles was im Extremen gemacht wird für nicht gut. Es ist engstirnig und es entspricht nicht dem natürlichen Gleichgewicht.

    Fleisch ist genauso ein natürliches Nahrungsmittel wie Soja.

    Und man stelle sich mal vor es würden plötzlich alle Menschen Vegan werden. WO bitteschön sollte da so viel Nahrung herkommen? Würden wir noch mehr Regenwald abholzen - wie das heute schon für den Anbau von Soja der Fall ist?

    Abschliessend möchte ich noch betonen: NUR weil ich Fleisch esse, heisst es nicht dass es mir egal ist wie das Tier zuvor gelebt hat. Ich achte sehr darauf wo mein Fleisch herkommt. Und weil es dann auch teurer ist, gibt es eben weniger.

    - C.M.S. -

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    1. Liebe/r C.M.S, danke für deinen Kommentar, auch wenn du ziemlich aufgebracht klingst.
      Schön, dass du darauf achtest, wo dein Fleisch herkommst, das ist doch schonmal ein Schritt in die richtige Richtung, vor allem wenn du ganz wenig davon isst, wie du schreibst. Und ich merke, dass dir die Massentierhaltung auch nicht egal ist. Vielleicht findest du es interessant, dass ich mal ganz ähnlich wie du gedacht habe, und mich über Veganer lustig gemacht habe. Eigenartig, wie das Leben manchmal spielt, nicht wahr?
      Wenn du dich darüber informieren möchtest, warum ich vegan lebe, schau doch mal auf dieser Seite vorbei: http://totallyveg.blogspot.co.at/p/warum-vegan.html Mir geht es darum, möglichst wenig Leid für mein Essen zu verursachen, und trotzdem richtig lecker und schmackhaft zu essen.

      Was du mit "natürlichem Gleichgewicht" meinst, weiß ich leider nicht genau. Ich weiß nur, dass es für mich weder balanciert noch natürlich ist, Milliarden von Tieren unter unmöglichsten Bedingungen zu halten und zu töten, sie mit billigem Soja aus dem Regenwald zu füttern (dafür wird nämlich so viel Regenwald abgeholzt, nicht für die Sojamilch, wie du fälschlicherweise annimmst), die Arbeit hauptsächlich von unterbezahlten Hilfsarbeitern ausführen zu lassen, und sie dann um möglichst wenig Geld zu Produkten verarbeiten zu lassen, die nachweislich an vielen Krankheiten Schuld sind. Das finde ich doch viel extremer als sich von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Getreide zu ernähren.

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  19. Ich möchte mich vegan ernähren weil ich ebenso nicht mehr will, das Tiere für mein Essen gequält und getötet werden.
    Gibt es vielleicht vegane Lebensmittel, die Vitamin B12 enthalten-und welche?

    LG
    Jadranka

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    1. Liebe Jadranka, es gibt mit B12 angereicherte Lebensmittel wie Sojamilch, allerdings ist es schwer, dadurch den Bedarf zu decken. Darum empfehle ich unbedingt ein veganes Multivitamin mit B12 oder B12-Tabletten zu nehmen. Übrigens betrifft das Problem mit B12 genauso auch Fleischesser.

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  20. "Veganismus ist kein Opfer, er ist ein Geschenk. Und ich bin keine Märtyerin, sondern ein Glückspilz."
    Schön, dass ich deinen Blog entdeckt habe.

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  21. Ein toller Artikel und der perfekte Einstieg in Deinen Blog, den ich heute entdeckt habe. Ich würde Dich wohl mit meinen drölfzillionen Fragen in den Wahnsinn treiben :( Wie ist das, nerven Dich Fragen Deiner Mitmenschen? Ich würde gerne so vieles wissen, traue mich aber oftmals nicht, weil die immergleichen Fragen mit der Zeit sicher nerven.

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  22. Claudia, ich bin wieder mal baff wie sehr du den Nagel auf den Kopf triffst. Toll, toll, toll geschrieben. Again. Ich lache übrigens immer noch "...genausowenig, wie ich eine Auszeichnung verlange, wenn ich jeden Tag pünktlich und nicht in meinem Pyjama im Büro auftauche." Liebe Grüße, Daniela

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    1. Sie machen mich verlegen, Madame! Danke für die Blumen :-)

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Ich freue mich immer sehr, von Euch zu hören! Vorschläge, Ideen, Lob, eine andere Meinung (respektvoll, please) - immer her damit!